Werden wir von neuen Technologien unterdrückt?

Georg Steiner
| 2 min read

Bitcoin-Befürworter streichen in Diskussionen zumeist die Bedeutung der Kryptowährung für die Freiheit des Individuums hervor. Bitcoin gilt als manipulationssicher und unabhängig von den Einflüssen aus Politik und Notenbanken.

Immerhin steht die Einführung digitaler Währungen vor der Tür. Diese könnte früher oder später zu einer Abschaffung von Bargeld führen und damit die Bevölkerung in eine Abhängigkeit treiben, aus der ein Entrinnen unmöglich erscheint. Bitcoin und andere Kryptowährungen sollen diese Dystopie verhindern.

Technischer Fortschritt bedroht die Fähigkeit zur Zusammenarbeit

Der amerikanische Autor Douglas Rushkoff verfolgt in seinem Buch „Team Human“ einen interessanten Ansatz. Er ist der Ansicht, dass jene Technologien, die einst die Verbindung der Menschen förderten, uns heute isolieren und unterdrücken. In seinem flammenden Manifest formuliert der Digitaltheoretiker Rushkoff 100 Thesen, die seine Theorie untermauern sollen.

Er sieht den Menschen grundsätzlich als soziales Wesen, das erst durch die Zusammenarbeit erfolgreich geworden ist. Doch die heutige antihumane Technologie bedroht diese Fähigkeit, die menschlichen Kräfte zu bündeln. Geld, das ursprünglich als Mittel des Austauschs erfunden wurde, ist heute seiner Meinung nach ein Mittel zur Unterdrückung geworden.

Radikalisierung durch Entmenschlichung?

Das Internet hat die Menschheit in radikalisierte Gruppen gespalten. Die Menschheit könne jedoch nur dann glücklicher und friedlicher werden, wenn sie zusammenarbeite. Er sieht daher die vorherrschenden Technologien als anti-human an. Unter dem Vorwand Probleme zu lösen, würde Technologie dazu übergehen den Menschen zu „programmieren“. Darunter versteht er das Erlernen von bestimmten Verhaltensweisen und Gewohnheiten.

Technologie funktioniert laut dem Wissenschaftler wie Innenarchitektur. Dort stimulieren Farben, Licht und Musik bestimmtes Verhalten. Das passiert heute auch in der Technologie, wo der Mensch dazu erzogen wird, bestimmte Reaktionen zu zeigen. Diese führen zu einem veränderten Kaufverhalten. Das führt seiner Ansicht dazu, dass die Technologie den Menschen optimiert, anstatt ihn im Alltag zu unterstützen.

Das hat zur Aufmerksamkeitsökonomie geführt. Doch diese macht lediglich den Algorithmus intelligenter, den Menschen jedoch dümmer. Die Menschen sind sich nicht mehr dessen bewusst, dass alles, was sie tun, aufmerksam beobachtet und registriert wird. Spontaneität, Kreativität oder Unberechenbarkeit gehen angesichts dieser Entwicklung verloren.

Richtige Diagnose, falscher Lösungsansatz?

Rushkoff fordert eine Rückbesinnung auf alte Werte und eine neue Form des Miteinanders von Mensch und Technologie. Menschen müssen seiner Meinung nach weiterhin als handelnde Subjekte die Kontrolle über Technologie behalten. Das Aufkommen einer Künstlichen Intelligenz, die als Singularität über Menschen bestimmt, sieht er als große Gefahr.

Doch dabei fordert er ausgerechnet ein Mehr als Kollektivismus, der sich bereits in der Vergangenheit wenig Gedanken über Grundprinzipien wie Eigentum oder demokratische Entscheidungen gemacht hat. 

Dabei übersieht er, dass gerade der starke Anstieg der Produktivität, gestützt durch technologischen Fortschritt, zu einem dramatischen Rückgang der weltweiten Armut geführt hat. Technologien wie Bitcoin können Individuen vom Druck eines Kollektivs befreien und ihm seine Handlungsmacht zurückgeben. Immerhin war dies einst ein zentraler Grundsatz im Whitepaper von Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto.