Warum fürchten so viele Ökonomen eine Deflation?

Georg Steiner
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In China sehen wir gerade Anzeichen einer Deflation. Dabei sinken die Preise, was grundsätzlich Konsumenten freuen dürfte. Doch so einfach ist es nicht.

Deflation

Kommt es tatsächlich zu einer länger anhaltenden Deflation, dann besteht die Gefahr, dass Konsumenten ihre Anschaffungen zeitlich immer mehr nach hinten verschieben. Das führt zu geringeren Umsätzen und damit in Folge zu geringerer Produktion.

Schuldner leiden, Vermögende profitieren


Dies belastet die Beschäftigung, vermehrte Arbeitslosigkeit ist die Folge. Doch die Auswirkungen für Schuldner sind noch deutlich dramatischer. Die Deflation wertet ihre Schulden auf und erhöht damit die Schuldenlast. Das trifft dann vor allem hochverschuldete Staaten und Unternehmen. Wenn dann in der Wirtschaft auch noch Lohnkürzungen statt Lohnerhöhungen folgen, gerät das wirtschaftliche Gleichgewicht ins Wanken. Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Inflation vor allem den Schuldnern zugutekommt, eine Deflation hingegen jenen Menschen, die über Vermögen verfügen.

Doch eine Deflation kann auch die Notenbanken an ihre Grenzen führen. Dies gilt vor allem dann, wenn sich der Leitzins nahe der Null-Prozent-Linie befindet. Schließlich bestünde dann kein Spielraum mehr, um die Wirtschaft durch niedrige Zinsen zu stimulieren. In Europa besteht die Gefahr derzeit nicht, immerhin hat die EZB die Leitzinsen beinahe auf Rekordhöhe geführt.

Das bekam auch das Kryptoverse zu spüren, das seither in einem Kryptowinter verharrt. Doch davon lässt sich die Branche wenig beeindrucken und bringt weiterhin neue Token wie Bitcoin ETF auf den Markt wirft.

Lohnkürzungen und Arbeitslosigkeit

Doch eine große Gefahr geht bei einer Deflation auf den Arbeitsmarkt aus. Wenn Unternehmen ihre Preise nicht mehr erhöhen können, müssen sie versuchen, ihre Kosten zu senken. In vielen Branchen werden die Eigentümer daher zuerst versuchen, die Lohnkosten zu reduzieren. Das könnten nicht nur zu sinkenden, statt wie gewohnt, steigenden Einkommen führen, sondern auch zu Massenentlassungen. Angesichts dieser Aussichten ist es wenig verwunderlich, dass Notenbanken seit jeher versuchen, jeder Tendenz zur Deflation entschieden entgegenzutreten. In Europa liegt das Ziel der EZB bei einer moderaten Inflation von 2 Prozent pro Jahr.

Grundsätzlich gibt es verschiedene Szenarien, die zu einer Deflation führen können. Diese kann durch eine sinkende Nachfrage der Konsumenten entstehen, genauso wie durch eine sprunghafte Steigerung der Produktivität. Preissenkungen fördern in diesem Fall die Wettbewerbsfähigkeit, führen jedoch gleichzeitig zu deflationären Tendenzen. Zuletzt könnten auch die Notenbanken selbst eine Deflation auslösen. Das passiert, wenn die Geldmenge in der Wirtschaft so stark abnimmt, dass es zu einer Kreditklemme bei den Banken kommt.

Berühmte Beispiele aus der Geschichte


Die Konsequenzen könnten jedenfalls dramatisch sein. Da sich die Schuldenlast erhöht, sind zumeist Pleiten und Arbeitslosigkeit die Folge. Das berühmteste historische Beispiel ist sicherlich die große Depression in den USA der 1930er Jahre, ausgelöst durch den sogenannten Black Friday. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist jene Deflation, die Japan Mitte der 1990er Jahre auftrat und ein verlorenes Jahrzehnt bescherte. Auch nach der großen Finanzkrise 2008 befürchtet man eine Deflation und senkte in Folge die Leitzinsen bis auf den Nullpunkt, um die Wirtschaft zu stimulieren.