CryptoRobby im Gespräch: Bitcoin Lightning ist eine Fehlkonstruktion

Georg Steiner
| 8 min read

Der Autor CrytpoRobby alias Robby Schwertner zählt zu den wichtigsten Blockchain Influencern im deutschen Sprachraum. Wir haben mit dem Keynote Speaker und Blogger gesprochen.

Vielen Dank für Ihre Zeit. Der Kurssturz der Kryptowährungen ab Ende des Jahres 2017 hat viele Kryptofans erstmal geschockt. War das ein reinigendes Gewitter oder der harte Aufprall am Boden der Realität?

Der Kursanstieg im Herbst und Winter 2017 war extrem, es ging praktisch senkrecht nach oben. Daher war für erfahrene Trader klar, dass das kein gutes Ende nehmen würde. Und so kam es ja auch im Jänner und Februar zum großen Absturz. Viele schwache Blockchain-Projekte und Scams wurden so vom Markt gefegt. Plötzlich war Bitcoin und Kryptowährung nicht mehr so cool, das Krypto-Trading nicht mehr so einfach.

Ich fand es total heilsam, dass es zu einer Marktbereinigung kam, es sortierte Spreu vom Weizen. Leute, die an langfristigen Projekten arbeiteten bekommen nun einen Chance in Ruhe und mit viel weniger Trubel ihre Blockchains zu programmieren und ihre dezentralen Applikationen zu entwickeln.

Derzeit sehe ich den Markt in einer Seitwärtsbewegung, die sicherlich noch 2-3 Jahre andauern wird. Der bekannte, aber nicht unumstrittene Influencer Julian Hosp sah noch im Juli den Bitcoin-Kurs bei 50.000 US-Dollar. Er musste seine Prognose kürzlich zurücknehmen. Solche Ansagen sind einfach unseriös.

Schon im März warnte ich davor, dass 2-3 schwierige Jahre für Kryptowährungen bevorstehen. Es gibt nämlich ein Muster im Bitcoin-Kurs, das 2011 und 2013 auftrat: starker Anstieg und danach Absturz und eine längere Phase der Seitwärtsbewegung. Natürlich sind die Voraussetzungen ähnlich.

Doch in naher Zukunft sehe ich keine Höhenflüge für Bitcoin sondern die Unwegsamkeiten der Ebene, wie z. B. eine große Schwäche des Bitcoin-Lightning-Networks. Meiner Ansicht nach ist das eine totale Fehlkonstruktion. Damit wird man Bitcoin sicherlich nicht attraktiver machen.

Ist die Technologie der Blockchain tatsächlich „The Next Big Thing“ oder droht ihr nach einem Strohfeuer der Untergang?

Ja, Blockchain hat das Potenzial ganze Wirtschaftszweige und Sektoren umzuwälzen. Die Sprengkraft liegt darin, dass man statt Informationen über das Internet zu versenden, nun Werte übertragen kann. Das Internet ist zwar großartig, schwächelt aber, wenn man Werte, z. B. Geld oder Aktien-Werte, oder km-Leistung als Werteinheit übertragen möchte. Dann braucht man immer noch eine sogenannte „Einheit des Vertrauens“ auch unit of trust genannt.

Wenn ich online überweise, steht dahinter immer noch eine Bank, die garantiert, dass die Transaktionen durchgeführt werden. Bei Bitcoin und vielen anderen Kryptowährung brauchte es die Bank nicht. Ich versende den Betrag und er wird direkt über das Internet übermittelt. Ich habe danach keinen Zugriff und das Gegenüber kann die Mittel verwalten.

Übrigens hat schon Nobelpreisträge Milton Friedman vor 20 Jahren vorausgesagt, dass es eine internet-basierte Währung geben wird. Denn es gibt keinen Grund, warum nur ein Staat eine Währung auflegen darf und soll. Wenn die Leute Vertrauen zu anderen Formen von Währungen gewinnen, z. B. einer Blockchain-basierten Kryptowährung, dann kann sich daraus einmal einen weltweite Leitwährung entwickeln, die nicht von einem einzelnen Staat kontrolliert wird. Quasi eine United-Nation-Currency.

Ich finde diese Vision einfach wunderbar. Der Finanzsektor ist nur einer von mehreren Bereichen, die durch Blockchain umgewälzt wird. Es gibt auch vielversprechende Ansätze im Energiebereich, für den Verkehr, für die Reisebranche, für die Verwaltung von persönlichen Daten. Kryptowährungen sind vielleicht kurzfristig ein Hype, der jetzt auf dem Boden der Realität aufprallte, die Blase der Blockchain wird sicherlich nicht platzen.

Was ist Ihre Mission als ICO Advisor, Social Media Influencer und Keynote Speaker?

Meine persönliche Mission ist es, Blockchain-basierte Anwendungen zu finden und zu unterstützen, die einen Mehrwert für die Menschen bieten, einen Nutzen für die Gesellschaft. Dazu habe ich deinen eigenen Hashtag kreiert: #ReturnonSociety. Es leitet sich von Return on Investment ab.

Investoren haben zunächst immer den Gewinn im Auge undwollen, dass sie mit ihrem Kaptial möglichst viel Profit erwirtschaften, also einen Return auf das Investment. Ich fördere Projekte, die ein Wachstumspotenzial aufweisen, das halte ich für ganz wichtig. Wir müssen die Menschen im täglichen Leben erreichen. Und es soll einen Mehrwert bieten. D. h. es sollen blockchain-basierte Dienstleistungen entwickelt werden, die unser Leben einfacher und günstiger machen, die uns die Wirtschaft mit Bargeld, mit verschiedensten Kredit- und Bankomatkarten usw. erleichtern. Wo Apps entwickelt werden, die mir echte Mobilität bieten.

Wenn ich jetzt von Wien nach Deutschland fahre, muss ich fünf verschiedene Apps nutzen, um letztendlich am Ziel anzukommen, von einer Bahn-App, Apps von öffentlichen Verkehrsmitteln in einer Stadt, Uber dazu, oder eine Taxi-App. Das könnte sich mit Blockchain ändern: ich will von A nach B, ich gebe das ein und bekomme die verschiedenen Vorschläge. Und das kann Mitfahrgelegenheiten miteinschließen.

KryptoRobby in der parteiübergreifenden Arbeitsgruppe APPG des britischen Parlaments

Wie beurteilen Sie die weiteren Entwicklungen bei der Regulierung von Kryptowährungen und ICO´s. Was würde Sinn machen und was behindert die weitere Entwicklung?

Eine Regulierung ist notwendig. Der erste Schritt ist zunächst eine Begriffsdefinition. Bei Kryptowährungen wird derzeit in Coins oder Token unterschieden. Unter Coins wird eher der Geldcharakter hervorgestrichen, unter Token werden eher Gutscheine gemeint. Allerdings gibt es noch in keiner Rechtsprechung weltweit eine Klarstellung dazu. Es ist auch noch nirgends in einem Gesetz definiert.

Um Rechtssicherheit für Start-ups zu erreichen und damit Innovationen zu fördern, ist eine Regulierung wichtig. Allerdings sieht man jetzt schon an Ländern mit strenger Regulierung wie den USA, China und Deutschland, dass viele Start-ups abwandern, ja regelrecht gezwungen sind das Land zu verlassen.

Länder wie Malta, Liechtenstein und Singapur bieten hier einen breiteren Rechtsrahmen. Ich nahm letzte Woche auf einer großen Blockchain-Konferenz in Malta teil mit über 8.000 Teilnehmer. Das ist beachtlich für diesen kleinen Inselstaat.

Der Premierminister selbst hielt die Eröffnungsrede und sagte seine volle Unterstützung der Blockchain-Start-ups zu. Hier nützt Malta seine Chance sehr geschickt, während Länder wie Deutschland, Italien, Polen und auch Österreich den Zug schon verpasst haben. Liechtenstein positioniert sich auch sehr klar, es setzt ab Ende November 2018 ein spezifisches Blockchain-Gesetz in Kraft. Der kleine Staat Liechtenstein beherbergt schon jetzt vier Mal soviel Blockchain-Unternehmen wie der Nachbarstaat Österreich.

Was könnte den endgültigen großen Durchbruch von Kryptowährungen bringen? Muss es erst ein Finanzcrash sein, oder reicht es aus, wenn die institutionellen Anleger groß einsteigen?

Es wird eine Mischung aus beidem sein. Bekannte Volkswirtschaftsexperten sagen in den nächsten 18 – 24 Monaten eine substantielle Weltwirtschaftskrise voraus, Länder wie die USA oder Brasilien verstärken mit ihrer Politik diese Befürchtung. Man sieht jedenfalls, dass Länder, die in Krisen steckten, versuchten, Kryptowährungen als Rettungsboot zu nutzen, als Alternative zur wertlosen staatlichen Währung.

Venezuela legte den Petro-Coin auf, das Projekt scheiterte übrigens, weil es sehr schlecht gemanagt wurde. Im krisengebeutelten Griechenland flüchteten Menschen schon früh zu Bitcoin, weil die eigene Währung stark an Wert verlor. Russland überlegte, mit Kryptowährungen Sanktionen zu umgehen. Könnte gut sein, dass ein Finanzcrash Kryptowährungen nutzt.

Das Einsteigen der institutionellen Anleger steht unmittelbar bevor. Sie warten noch ab, bis sich der Nebel lichtet und man einen klareren Blick auf die Krypto-Währungslandschaft hat. Ich selbst biete mit einem Partner Analysen für Kryptowährungen an. Wir bieten diese Analysen Banken und Finanzinstitutionen an und das Interesse ist sehr groß. Nur handeln wollen Banken noch nicht. Aber sie trainieren bereit ihre Mitarbeiter, denn sie kriegen ja täglich hunderte von Anfragen und dürfen aufgrund ihrer eigenen strengen Richtlinien noch nicht in den Handel mit Kryptowährung einsteigen. Das wird sich schon sehr bald ändern.

Da und dort experimentieren Staaten und Start-ups mit digitalen Fiat Währungen. Könnten am Ende des Tages Kryptowährungen dazu führen, dass Bargeld verschwindet und Nationalbanken die Technologie dazu nutzen um die Fiat-Währungen vollständig zu digitalisieren?

Bargeld wird auch ohne Kryptowährung verschwinden. Es ist nur eine Frage von wenigen Generationen. Dann wird man sich wundern, wieso man so unpraktische Metallmünzen und Papierscheine verwendet hat. So wie wir uns über frühe Währungen wie Muscheln, Edelsteine und Goldklumpen wundern.

Kryptowährungen könnten dazu führen, dass klassisches Bargeld noch schneller verschwindet. Ich war letzte Woche in Ungarn, der Schweiz und Österreich. Ich brauchte drei verschiedene Währungen. Und diese Länder sind keine großen Staaten, sie sind zusammen nicht einmal so groß wie Shanghai oder Tokio.

Mein Traum ist, dass wir eine neue Leitwährung bekommen, die nicht an einen Staat gebunden ist. Wenn Nationalbanken eigene Kryptowährungen auflegen finde ich das nicht spektakulär. Es gibt dazu auch Forschungsberichte, dass für große Staaten ein Auflegen einer eigenen Kryptowährung nicht von Vorteil ist, für kleinere Währungen sah man aufgrund der Kostenersparnis schon Vorteile.

Der bekannte deutsche Börsenexperte Dirk Müller zeigt sich in seinem neuen Buch „Machtbeben“ davon überzeugt, dass Bitcoin eine Erfindung der NSA wäre, um die Technologie anonym testen zu können. Was halten Sie von solchen Theorien?

Ich kenne das Buch von Herrn Dirk Müller. Er behauptet etwas, was er nicht beweisen kann. Solche Aussagen sind ein Symptom unserer Zeit, es zeigt wie krank das System ist. Durch soziale Medien bedient Herr Müller ein Publikum, dass sich nach solche Verschwörungstheorien sehnt, er bedient diese Bühne.

Was mich wütend macht, ist die Art wie Leute für dumm verkauft werden. Geschickte Rhetoriker wie Müller und auch Julian Hosp sind die neuen Prediger des Reichtums, sie erklären uns die Welt. Und durch ihre Reichweite sammeln sie Gelder ein. Herr Müller verkündete vorgestern, dass ein Fonds von ihm gerade die 100-Millionen-Marke überschritten hat und dass alles wunderbar läuft. Klar für ihn selbst läuft es gut.

Julian Hosp sammelte vor eineinhalb Jahren 70 Millionen USD ein, um eine Krypto-Kreditkarte auf den Markt zu bringen. Bis heute warten Kunden auf ihren Kreditkarte, und es wird weiter vertröstet. Müller hat zumindest Erfahrung im Fondbereich. Hosp ist Mediziner, er nennt sich ja Dr. Hosp und Kite-Surfer. Trotzdem glauben ihm die Leute, dass er ein Kreditkarten-Unternehmen auf die Beine stellen kann. Bis jetzt gelang es jedenfalls nicht. Bleibt also abzuwarten, wo die von Müller beschriebenen Machtbeben in nächster Zeit tatsächlich stattfinden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: https://www.instagram.com/cryptorobby_/

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